(Red.) Unsere Leserinnen und Leser kennen ihn mittlerweile, unseren Autor Stefano di Lorenzo. Er ist gebürtiger Italiener, in Milano aufgewachsen, um danach in Deutschland Amerikanistik (!) und Deutsch zu studieren. Heute lebt er in Moskau und spricht, soweit wir das beurteilen können, perfekt Russisch. Wie wichtig aber ist die Muttersprache? Der Versuch Kiews, in der Ukraine die russische Muttersprache eines großen Teils der ukrainischen Landsleute zu unterdrücken, hat ihn veranlasst, zu diesem Thema ein paar eigene Empfindungen zu Papier zu bringen. (cm) Ich habe in meinem Erwachsenenleben versucht, einige Fremdsprachen zu lernen, mit mehr oder weniger Erfolg. Deutsch ist nicht meine Muttersprache. Für viele Leute ist mein Akzent, wenn ich Deutsch spreche, komisch oder gar unverständlich. Eine Sprache zu lernen, wenn man schon erwachsen ist (ich habe meine ersten deutschen Wörter bereits mit 20 Jahren gelernt, davor kannte ich nicht einmal den Ausdruck „Auf Wiedersehen“), ist nicht die einfachste Sache der Welt. Ein erwachsener Mensch ist es gewohnt, sich mit einem gewissen Selbstbewusstsein auszudrücken. Selbst sein Umfeld verlangt von einem Erwachsenen, dass er/sie kompetent und sicher auftreten soll, sonst wird man nicht ernst genommen. Wenn man Fehler beim Sprechen macht, wird man meistens nicht wirklich ernst genommen. Wenn man versucht, eine Fremdsprache zu sprechen, hat man zwar Ideen, ist aber nicht in der Lage, sie wortgewandt auszudrücken. Leider ist es so, dass die Art und Weise, wie wir sprechen, zu den ersten Dingen gehört, die eine Person von uns wahrnimmt. Aus diesem Grund steigt das Risiko, als „dumm“ eingestuft zu werden, wenn wir uns nicht wirklich ganz korrekt ausdrücken. Im Allgemeinen haben die Menschen nicht viel Geduld mit langsamen Menschen. Für Muttersprachler wirken nicht-Muttersprachler oft wie Menschen mit intellektuellen Schwierigkeiten, und nicht nur, was die Sprache angeht. Wenn jemand uns einmal als dumm